Stand: 03.08.2022 21:28 Uhr
Zum Abschluss ihrer Nordamerika-Reise hat Außenministerin Baerbock Kanada im Streit um die Auslieferung der Nord Stream-Turbine den Rücken. Künftig sollen beide Länder als Wirtschaftspartner enger zusammenrücken.
Nach der Wartung einer Turbine für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 in Kanada steht die Regierung des Landes scharf in der Kritik. Indem sie die Wartung und Auslieferung zurück Richtung Russland genehmigt habe, habe sie Sanktionen gegen Russland umgangen. Doch auf ihrem Besuch in Montreal hat sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock klar hinter das Handeln der kanadischen Regierung gestellt.
„Ihr habt als Regierung für die europäische Solidarität eingestanden“, betonte Baerbock bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrer kanadischen Amtskollegin Mélanie Joly. Baerbock warf Russland vor, Energie als mögliches Druckmittel nutzen zu wollen. Gerade angesichts einer solchen Bedrohung sollte deutlich werden: „Wir stehen beieinander, wir stehen miteinander ein. Und ich weiß, dass das für Euch nicht einfach war. Dafür herzlichen Dank.“
Auch Joly bestätigte die Entscheidung ihrer Regierung, die Auslieferung der Turbine zu gewähren, ein weiteres Mal. Es sei klar, dass der russische Präsident Wladimir Putin „einen hybriden Krieg“ führt und „Spaltung in unserem Bündnis säen“ wolle. Das habe ihr Land nicht zulassen wollen.
Schuldzuweisungen im Streit um Turbine
Am 11. Juli hatte die Wartung der Gas-Pipeline Nord Stream 1 begonnen – nach rund anderthalb Wochen floss wieder Gas von Russland nach Deutschland, allerdings auf einem stark reduzierten Niveau. Bereits Mitte Juni hatte der russische Staatskonzern Gazprom die Gaslieferungen auf etwa 40 Prozent der maximalen Kapazität heruntergeschraubt.
In der vergangenen Woche wurden die Gas-Importe in der Bundesrepublik abermals gedrosselt – auf nur noch 20 Prozent der Lieferkapazität. Gazprom begründete dies mit weiteren anstehenden Reparaturarbeiten.
Scholz weist Russlands Vorwürfe zurück
Die in Kanada gewartete Turbine hängt jedoch in Deutschland fest. Russland verfügt über fehlende notwendige Dokumente. Schuld daran seien die wegen der Invasion in der Ukraine verhängten Sanktionen gegen Russland.
Diese Darstellung wie Bundeskanzler Scholz bei einem Besuch des Siemens Energy-Werks in Mülheim an der Ruhr klar zurück. Er machte Russland für Verzögerungen beim Rücktransport verantwortlich. „Es ist offensichtlich, dass nichts, aber auch wirklich gar nichts dem Weitertransport dieser Turbine und ihrem Einbau in Russland entgegensteht“, sagte Scholz. „Sie können jederzeit transportiert und genutzt werden.“
„Riesiges Potenzial“ als wirtschaftlicher Partner
In Kanada untersucht derzeit ein Parlamentsausschuss, ob die Erlaubnis für die Auslieferung der Turbine durch die Regierung rechtmäßig war. Auch Joly muss voraussichtlich am Donnerstag vor dem Gremium aussagen.
Bundesaußenministerin Baerbock betonte jedoch in Montreal, dass sie in Kanada nicht nur im geschlossenen Auftritt gegen Russland einen Partner sehe. Auch wirtschaftlich werden die Grünen-Politikerin zukünftig enger mit Kanada kooperieren, das sehe sie ein „riesiges weiteres Potenzial“. Etwa beim Import von Mineralien, Flüssiggas oder Wasserstoff.
In ein paar Wochen wird auch Kanzler Scholz nach Kanada reisen, um eine wirtschaftlich engere Zusammenarbeit zu erörtern.
Außenministerin Baerbock dankt Kanada für Gas-Turbine und warnt China
Georg Schwarte, ARD Berlin, zzt. Montréal, 3.8.2022 · 19:59 Uhr
Quelle: www.tagesschau.de